Der neue Neumarkter Stadtrat ließ Fortuna entscheiden

Oberbürgermeister Thomas Thumann mit den beiden neu gewählten bzw. gelosten Bürgermeistern Markus Ochsenkühn (CSU) und Getrud Heßlinger (SPD) - Foto: Susanne Weigl
Oberbürgermeister Thomas Thumann mit den beiden neu gewählten bzw. gelosten Bürgermeistern Markus Ochsenkühn (CSU) und Getrud Heßlinger (SPD) - Foto: Susanne Weigl

In der Weltgeschichte konnte man es schon einige Male beobachten: Wenn Diktatoren die Macht an sich reißen wollten, beschränkten sie die Rechte von Volk und Volksvertretern durch Ausrufung des Notstandes. Dies wurden bei der ersten Sitzung des frisch gewählten Neumarkter Stadtrates mehrfach in Erinnerung gerufen, als es um die Abstimmung über einen Interimsausschuss ging. Der Hintergrund: Vor kurzem hatte das Innenministerium den bayerischen Kommunen empfohlen, eine Art „Notfallparlament“ einzuführen, welches dann zum Handeln bemächtigt sei, wenn der eigentliche Rat z.B. durch eine Pandemie à la Corona nicht mehr tagen könne.

Die große Jurahalle wurde als Örtlichkeit gewählt, um sowohl den altgedienten Räten als auch den 13 Neulingen im Gremium genügend Sicherheitsabstand garantieren zu können – zahlreiche Politiker trugen zudem Mund-Nasen-Schutzmasken. Trotz Pandemie konnte man sich über mangelndes öffentliches Interesse nicht beklagen – rund 50 Zuschauer verfolgten „amtlich distanziert“ die konstituierende Sitzung, Desinfektionsmittelspender am Eingang ließen keinen Anwesenden die aktuelle (Welt-)Lage vergessen.

 

Reine Glückssache

Während man zur Mitte der Sitzung noch über die Wichtigkeit diskutiert hatte, die Demokratie hochzuhalten, wurde eben dieses Ziel später am Abend leicht „ad absurdum“ geführt. Denn anstatt den Wählerwillen für bare Münze zu nehmen, verfuhr man quasi umgekehrt...

 

Die Wahl des ersten Bürgermeisters und Stellvertreters für OB Thomas Thumann war noch eine klare Sache: Neben Markus Ochsenkühn wurde kein weiterer offizieller Kandidat aufgestellt, der CSU-Politiker erhielt 34 von 41 Stimmen.

 

Bei der Wahl des zweiten Bürgermeisters kandidierte Martin Meier (UPW) gegen Amtsinhaberin Gertrud Heßlinger (SPD). Im ersten Wahlgang erreichte keiner der beiden Räte die nötige absolute Mehrheit. In der folgenden Stichwahl bekam jeder von ihnen genau 19 Stimmen, was erneut kein eindeutiges Ergebnis brachte. Nachdem man sozusagen an die Grenzen der Demokratie gestoßen war, sahen die offiziellen Regeln eine Entscheidung „per Los“ vor. Rechtsamtsleiter Andreas Werner warf ein Zwei-Euro-Stück in die Luft, welches effektvoll auf dem Boden der Jurahalle aufprallte und nach einigem Herumrollen schließlich Gertrud Heßlinger im Amt bestätigte. Womöglich fragte sich insgeheim mancher Stadtrat, welcher schon Sitzungen bis spät in die Nacht miterlebte, ob man bei erhärteten Diskussionen um Neumarkter Großprojekte nicht auch einfach mal Fortuna die Entscheidung überlassen sollte...

 

Ulrich Badura / Fotos: Susanne Weigl