Und es dreht sich doch....

Für die Nürnberger unter 25 Jahren dürfte es ein ungewöhnliches Bild sein: Seit letzter Woche zieren den Hauptmarkt nicht die bekannten Obst- und Gemüsestände, sondern „Wilde Maus“, Riesenrad und Autoscooter. An dieser prominenten Stelle und an anderen Orten der Noris warten im Lauf der Sommerferien Buden, Fahrgeschäfte und Gastronomie auf amüsierwillige Besucher. Unter dem Motto „Nürnberger Sommertage“ konnte man im Grunde ein Projekt realisieren, was in Neumarkt ähnlich im Gespräch war, jedoch an den Auflagen scheiterte: eine Art „Volksfest light“. 

Dieser Begriff ist aber mit Vorsicht zu genießen und wird von den Verantwortlichen hinter der Nürnberger Aktion auch so nicht verwendet. Denn die Idee, auf dem üblichen Areal am Dutzendteich ein „Volksfest im Kleinen“ abzuhalten, konnte auch in der Frankenmetropole wegen rechtlicher Beschränkungen nicht umgesetzt werden. Mit der dezentralen Einrichtung von mehreren Vergnügungsflächen versucht man nun, eine alternative Verdienstmöglichkeit für die Schausteller zu schaffen, welche 2020 bislang mehr Ausgaben als Einnahmen gehabt haben dürften – anstelle der Runden auf Karussell und Riesenrad gab es wegen ausfallender Kirchweihen und Volksfeste ertragstechnische „Nullrunden“.

 

Die „Nürnberger Sommertage“ sind alles andere als unumstritten – die lokalen Medien der Stadt werden mit Onlinekommentaren und Zuschriften von Lesern und Zuschauern überhäuft, welche eines zeigen: An der Idee des dezentralen Amüsements scheiden sich – wie am Thema „Corona“ prinzipiell – die Geister. Während mancher sich auf die erste Achterbahnrunde vor der Frauenkirche freut, halten andere das Event in Zeiten steigender Neuinfektionszahlen für „Wahnsinn“. Insbesondere das Argument, dass der normalerweise genutzte Volksfestplatz wesentlich mehr Raum für Mindestabstände geboten hätte als die gewählten Alternativflächen, wird von vielen Kritikern ins Feld geführt. Für die „Verlegung“ in die Innenstadt hagelt es von vielen Unverständnis – zumal in anderen deutschen Kommunen bereits im Juni an den üblichen Festplätzen „Pop-Up-Freizeitparks“ entstanden – mit Einlasskontrollen und Zugangsbeschränkungen. So mancher hätte zudem lieber eine „kleine“ Version des Bardentreffens gesehen, um die ebenfalls gebeutelte Künstlerszene zu unterstützen.

 

In Nürnberg sollen von den Schaustellern angeheuerte Sicherheitskräfte auf Mindestabstände und Menschentrauben achten – den Verantwortlichen liegt viel daran, dass die dezentralen Spaß-Hot-Spots nicht zu Corona-Hot-Spots werden, da sie bei steigenden Infektionszahlen ihre Buden und Attraktionen dann schnell wieder abbauen müssten. Damit das gelingt, muss aber die Gesellschaft mitziehen und im Grunde etwas lernen, was womöglich paradox klingt: Amüsieren mit Abstand und Vergnügen mit Verstand. In Mallorca hat das zuletzt noch nicht ganz so optimal funktioniert. Womöglich klappt es ja in den kommenden Wochen in der Innenstadt der Frankenmetropole. Und ganz nebenbei erinnert das aktuelle Treiben alteingesessene Nürnberger über 25 Jahre an vergangene Zeiten, als zu den „5 tollen Tagen“ der Hauptmarkt in jeder Faschingssaison mit Auto-scooter, Kettenkarussell & Co. lockte.

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